Auf einer kleinen Hügelkuppe in der Südoststeiermark liegt der Weinhof Locknbauer – früher Bauernhof, heute hoch modernes Weingut. In Anlehnung an die typischen Elemente der steirischen Baukultur wurde nach gut zweijähriger Konzeptionsphase aus einem alten Stadel ein Weinhof, dessen Holzbauweise und Architektur gleichermaßen faszinieren.
Wir haben uns mit der deutschen Architektin Mascha Ritter über Holzbau, Herausforderungen und Statik unterhalten.
Weingut mit Wow-Effekt – Holzbau, der fasziniert
Frau Architektin Ritter, Sie sind mit einem fulminanten Projekt in Ihre Karriere gestartet, das auch mit dem Bauherrenpreis von der Zentralvereinigung der ArchitektInnen Österreichs 2022 ausgezeichnet wurde. Etwas nicht ganz Alltägliches. Mit welchen Herausforderungen sahen Sie sich konfrontiert?
Während der Planungs- und Bauzeit war ich noch mit meinem Masterstudium beschäftigt und hatte noch nie etwas für die Realität geplant, daher war die größte Herausforderung mit Sicherheit der damalige Mangel an Erfahrung. Bei dem Bauherrn sah es ähnlich aus. Die Aufgabe ist mit uns, und wir an der Aufgabe gewachsen. Als junge, weibliche (fast-) Architektin war die verantwortungsvolle Rolle auf der Baustelle natürlich auch nicht immer einfach. Von vielen Dingen hatte ich offen gestanden keine Ahnung, und musste dennoch eine gewisse Autorität bewahren, um das gestalterische Konzept so durchzusetzen.
Was war für Sie, aus Sicht der Architektin, das Besondere an diesem Projekt?
Dass mir der Bauherr von Anfang an viel zugetraut und mir gestalterisch freie Hand gelassen hat, denn heute weiß ich: das ist wirklich nicht selbstverständlich. Auch die Fachplaner und Handwerker waren interessiert und aufgeschlossen, selbst wenn meine Ideen und Details nicht immer ganz dem Standard entsprachen. Außerdem ist es schön zu sehen, wie das Projekt heute als Gesamtkonzept aufgeht.
Planung mit Verantwortung
Sie sagten einmal: „Ich sehe uns Architekten oder Experten in der Verantwortung, nachhaltige Bauprodukte and den Mann bzw. die Frau zu bringen.“
Hat dieses Projekt Ihre Ansicht diesbezüglich nochmals verstärkt?
Unsere Haltung zum Bauen muss sich radikal verändern, denn jedes Bauwerk ist ein Eingriff in ein sensibles Ökosystem, jeder Baustoff eine Ressource, die der Umwelt entnommen wird und der Bausektor ist schließlich für 38% der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Natürlich haben wir als Planer*innen da eine Verantwortung. Zum einen beutetet das, anstelle von Neubauten und damit einhergehender Flächenversiegelung damit zu beginnen, das, was bereits gebaut wurde, umzunutzen und zu verbessern. Gerade in den ländlichen Regionen lässt sich leider noch immer eine starke Tendenz zum Abreißen und neu bauen beobachten, obwohl diese Idee leider häufig weder ökologisch noch ästhetisch ist.
Zum anderen sollten wir jedes Material, das in unseren Gebäuden zum Einsatz kommt, kritisch hinterfragen: Wo kommt es her, wie wird es hergestellt, was sind die Alternativen? Es braucht politische Richtlinien, aber auch gute Beispiele, wie es anders geht.

“Sicherlich hat dieses Projekt meine Haltung zum Thema nachhaltiges Bauen maßgeblich geprägt, aber es gibt noch immer zahlreiche Möglichkeiten zur Verbesserung.”. Mascha Ritter

Welchen statischen Herausforderungen sahen Sie sich gegenübergestellt?
Anfänglich wollte ich die ganze historische Anlage erhalten, jedoch war ein Großteil des Hauses ohne Fundamente und mit einfachen Ziegelwänden gebaut, weshalb die alte Struktur einem neuen Dachstuhl nicht standgehalten hätte. So ist am Ende ist nur der Kuhstall stehen geblieben, um den sich das neue Haus dann quasi herumgefügt hat.
Auch die 10 Dachträger mit gekreuzten Zugstäben, die das 50 m lange Satteldach tragen haben einige statische Herausforderungen mit sich gebracht. Das Haus hatte von vorne nach hinten sehr unterschiedlichen Anforderungen, doch wir sind bei einem durchgehenden Tragwerkskonzept geblieben, das das Bauwerk insgesamt sehr schlüssig macht.
Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit dem Statik-Team der ZMP erlebt?
Die Zusammenarbeit mit dem Statik-Team war sehr angenehm. Wir hatten vorher ein anderes Statikbüro im Boot, mit dem die Zusammenarbeit nicht so reibungslos verlief. Deshalb haben wir noch kurzfristig auf eine Empfehlung zu ZMP gewechselt, worüber ich sehr froh bin. ZMP hat wirklich versucht, den gestalterischen Anspruch auch statisch zu verwirklichen und in den Details fortzuschreiben.