Das Kulturjahr 2020 in Graz hat Performance, Kunst und neue Blickwinkel auf der Agenda. Wenn öffentliche Kunst sich mit Regionalität, außergewöhnlichem Design und nachhaltigen, natürlichen Materialien ergänzt, dann wird das ganze zu einem Erlebnis in der Natur, mitten im pulsierenden Zentrum des lieblich urbanen Graz. „Das La Strada-Projekt „The Graz Vigil“ der belgisch-australischen Künstlerin Joanne Leighton lädt die Bewohner der Stadt dazu ein, eine Stunde Wache über „ihre“ Stadt zu halten. Gebaut wurde der „Shelter“ aus feinem Cross Laminated Timber von unserem Partner HHH Holz & Bau GesmbH und wir durften eine Stunde in der Stille, wachend über der Stadt, verbringen:
Was ist das – THE GRAZ VIGIL?
Weithin ist er sichtbar, ein hölzerner Würfel mitten am Schloßberg. Ein sichtbares Zeichen zeitgenössischer Kunst und öffentlicher Performance. Der Schloßberg. Fast ein klein wenig die Aorta von Graz. Wird hier etwas gebaut oder gar abgerissen, erneuert oder kurzerhand erneuert, sorgt dies immer für Diskussionspotenzial unter den Bewohnern von Graz.
Ist er doch „IHR BERG“. Ihr Wahrzeichen. Identifikationspunkt für den Grazer. Die Position des Shelters wurde nicht zufällig gewählt. Zum einen als Ausrufezeichen des Graz Kulturjahr 2020, zum anderen gibt die Box, die auf 2 Seiten mit Glas Ein- und Ausblicke gewährt, den Blick über und rund um Graz frei.
Wir durften eine Vigil-Stunde über den Dächern von Graz verbringen und haben das Gefühl, die Gedanken und unsere Eindrücke mitgenommen.
Die Performance Künstlerin WLDN / Joanne Leighton wollte in ihrem Konzept einen Raum kreiren, der jeden Tag zu Sonnenaufgang und zu Sonnenuntergang Teil der Choreografie einer ganzen Stadt ist. Nach dem Design von Tovo+Jamil hat der Grazer Alexander Krischner (Masterstudendt an der Technischen Universität Graz) die temporäre Installation im Schatten des Grazer Uhrturms mit HHH Holz & Bau GmbH umgesetzt.
Joanne Leighton verbindet Choreografie und Kunst. Sie sucht dabei einen radikalen Zugang zur Annäherung an Besitz und Urheberschaft und wählt dabei den interdisziplinären Austausch. Das Besondere an THE GRAZ VIGIL ist die intensive Auseinandersetzung mit dem Schlossberg. Ist der Hügel im Grazer Zentrum doch ein Stück Identität der Grazer und Schauplatz zahlreicher historischer Ereignisse.
Der Masterstudent Alexander Krischner (Architekturfakultät der Technischen Universität Graz) zeichnet sich für die Umsetzung gemeinsam mit HHH Hirschböck aus Hartberg verantwortlich. Dabei stand er unter dem Mentorship des Pariser Architektur-Duos Tovo+Jamil.
„Es geht um ein Projekt, in dem die Menschen ihre Stadt reflektieren können“, beschreibt Werner Schrempf, Intendant des Festivals La Strada Graz. „Welche Position hat man zu seiner Stadt? Wie will man Beteiligung zeigen?“
732 Menschen haben die Möglichkeit eine Stunde lang ihre Stadt zu bewachen. Auch wir betraten am 3. Februar 2020 den Shelter.
Sämtliche Informationen bekommt man im Uhrturm-Zimmer von seiner persönlichen BegleiterIn. Dieses Zimmer beherbergte früher den Feuerwächter von Graz und führt über eine steile Treppe im Inneren des Uhrtums über die Dächer von Graz. Der Ausblick hier oben war berührend, als wäre Graz die Lego-Stadt unserer Kindheits-Träume.
Hier, hoch oben über Graz, darf man Handy, Laptop, Uhr & Co abgeben. Man lässt die Zeit hinter sich und begibt sich durch den Herbersteingarten zum Shelter.
Die Holzbox betritt man über eine Rampe aus CLT, die bewusst um die Ecke führt. Kein Hasten, Hetzen, Eilen soll hier zum Vigil Graz führen. Neue Blickwinkel dürfen eingenommen werden. Ruhe darf einkehren, man geht um die Ecke und denkt alles neu.
Wenn The Graz Vigil seine Tore öffnet, schwappt einem eine betörende Essenz ätherischer Öle entgegen. Das Holz und das Wachs verströmen ihre Duftnoten und heißen ihre Besucher willkommen. Die VIGIL STUNDE soll stehend im Shelter verbracht werden. Man ist Teil einer einjährigen Performance der belgisch-australischen Choreografin Joanne Leighton. 366 Tage lang bauen Menschen Beziehung mit „ihrer Stadt“ auf.
Die auskragende Box thront über der Stadt, der Hauptplatz und seine Standl wirken wie kleine Schachfiguren. Die beiden kurzen Seiten des Würfels sind bündig verglast, wenn man möchte, kann man direkt am Glas stehen und schwebt somit über der City.
Vor uns lag die Dächerlandschaft, eine homogene rote Architekturperle, die Graz den Titel „UNESCO Weltkulturerbe“ einbrachte. Ein wunderbarer Teppich natürlicher Ziegel, der sein anmutiges Muster durch den historischen Kern der Stadt zieht.
Bis auf. Naja – Irgendwann landet der Blick am Dach des Kastner & Öhler und plötzlich begreift man, warum diese Konstruktion für Empörung gesorgt hat. Wie ein blecherner Alien, ein Fremdkörper, breitet sich das verzinkte Blechdach in skuriller Form über die Altstadt aus. Es wirkt ein wenig wie in Geschwür inmitten der wunderbaren Altstadt von Graz.
Man geht in Beziehung. Mit den Menschen auf der Terrasse vom Café Freiblick. Mit den Vögeln die vor Vigil kreisen. Letzten Endes sogar mit dem ÖAMTC Hubschrauber, der direkt auf den Shelter zuflog. Ein spannendes Erlebnis, wenn die Schwingung der Rotorblätter den Shelter zum Pulsieren bringen und der gelbe Vogel sich zwischen die Blickachse zur Stadt schiebt.
Laut ist es, das beschauliche Graz und eine Vielzahl an Baukränen ziert die Skyline der steirischen Landeshauptstadt. Unsere Shelter-Stunde begann um 16.03 Uhr und dauerte bis 17:03 Uhr. Die Menschen bewegten sich langsam heimwärts. Das Rollen und Grollen des Verkehrs war fast wie ein sanftes Knurren der Stadt zu vernehmen. Dazwischen Sirenen. Oft. Welch kleine und großen Lebensdramen sich wohl hinter dem Folgetonhorn verbergen?
„Wenn man sich an die Wände des Shelter anlehnt, umarmt einen die weiche, warme Oberfläche des Holzes. Der Duft der Hölzer lässt einen ganz bei sich ankommen. Es ist ein bisschen so, als wäre man Teil dieser Architektur.“
Wir danken dem Team von LaStrada Graz rund um Werner Schrempf, die uns eine Stunde als „Stadt-Wächter“ ermöglicht haben. Wie selten haben wir Gelegenheit Zeit mit Objekten zu verbringen, die wir mit Herzblut und Leidenschaft mitentwickelt haben. Unser Partner HHH Holz & Bau GesmbH hat mit dem Projekt „The Graz Vigil“ ein Stück österreichische Natur auf das Wahrzeichen der Grazer Innenstadt gebaut. Der Holzbaubetrieb aus Hartberg wurde vor 80 Jahren von Franz Hirschböck gegründet und beschäftigt derzeit 25 Mitarbeiter. Der qualitätsorientierte Betrieb setzt auf hochwertige Cross Laminated Timber Elemente von Stora Enso und ist unser langjähriger Partner.
Wenn Kunst auf die Natur zurück greift, dann bildet sich hier eine wertvolle Symbiose, die bei diesem Projekt auch noch mit dem öffentlichen Raum geteilt wird.
Was bleibt ist die Erinnerung an einen Stunde der Selbsterfahrung und bewussten Wahrnehmung. Eine Stunde in der die Sinne mit Achtsamkeit ausgestattet sind. Der Duft heimischer Fichten in der Nase und das sanfte Pulsieren einer innovativen Stadt vor uns. Wir wissen nun, warum unsere Bauherren sich in ihren Holzbauten so wohl fühlen, das Raumgefühl ist ein völlig anderes. Wir freuen uns, wenn auch bei künstlerischen Projekten Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein einen Platz finden und wünschen allen „Wächtern“ unvergessliche Momente über den Dächern von Graz.